"In den letzten Jahren wurde im Bereich Elektromobilität vor allem die Forschung zur Li-Ionen-Batterietechnologie gefördert. Doch die Grenzen dieser Technologie werden immer offensichtlicher", sagt Peter Strasser, TU-Professor für Technische Chemie und UniCat.
"Damit kehrt die Idee von wasserstoffbasierter Elektromobilität langsam ins Zentrum der Aufmerksamkeit zurück. Bei dieser Technologie speist eine Brennstoffzelle als Energiewandler den Elektromotor. Denkbar wäre es auch, eine Brennstoffzelle als ,range extender’ - also als Zusatzgerät zur Erhöhung der Reichweite - im Zusammenspiel mit einer Li-Batterie zu verwenden."
Sein Forscherteam ist Teil eines Exzellenzprojektes des US-amerikanischen Energieministeriums, das neue nanostrukturierte Materialien erforscht. Die Forscher wollen die katalytische Umwandlung von Wasserstoff und Sauerstoff in nutzbare Elektrizität in Brennstoffzellen effizienter und kostengünstiger machen. Insgesamt 5,3 Millionen US-Dollar bewilligte das US-Ministerium jetzt für die nächsten drei Jahre. Etwa 1,5 Millionen Dollar davon fließen an die TU Berlin. Das TU-Team arbeitet eng mit zwei industriellen Partnern zusammen, sowie mit drei akademischen Institutionen, mit dem Massachussetts Institute of Technology (MIT), der Northeastern University und der George Washington University.
Wasserstoffbrennstoffzellen nutzen molekularen Wasserstoff als Energiespeicher. Dessen Speicherdichte ist fast 200-mal höher als die einer Li-Ionen-Batterie. Im wasserstoffbasierten Brennstoffzellenantrieb wird die chemische Wasserstoffenergie in elektrische Energie umgewandelt. Obwohl die praktische Umwandlungseffizienz dabei derzeit nur etwa 50 Prozent beträgt, benötigt ein Elektromobil nur etwa sechs Kilogramm Wasserstoff für 450 Kilometer Reichweite, und das Tanken dauert nur sechs Minuten. Eine typische Li-Ionen-Batterie ist dagegen mindestens 200 Kilo schwer, braucht sechs bis neun Stunden beim Laden und reicht dabei nur für 200 Kilometer. Hinzu kommt, dass das Fahrzeug wegen der fehlenden Abwärme bei reinem Batterieantrieb auch elektrisch klimatisiert werden muss, was die Reichweite nochmals deutlich senken kann.
"Auch beim Kostenvergleich schneidet die Brennstoffzelle erheblich besser ab", erklärt Strasser. "Li-Ionen-Batterien kosten derzeit etwa 300 Euro pro Kilowattstunde. 200 Kilometer Reichweite schlagen so mit rund 12 000 Euro in einem typisch dimensionierten Fahrzeug zu Buche. Mit einer Brennstoffzelle der neuesten Generation liegt eine vergleichbare Leistungscharakteristik bei etwa 5000 Euro. Die Reichweite hängt dabei natürlich von der Größe des Tanks ab, nicht von der der Brennstoffzelle." Vor allem macht das als Katalysator in der Brennstoffzelle eingesetzte Edelmetall Platin in nanostrukturierter Form die Sache teuer. Peter Strasser und seine Kollegen im Verbundprojekt wollen genau diesen Kostenanteil senken. Bislang benötigte man 0,8 Gramm Platin pro Kilowatt Leistung. Die Wissenschaftler wollen diese Menge auf 0,1 Gramm pro Kilowatt senken. Bei einem Platinpreis von etwa 40 Euro pro Gramm würde dann der Platinkatalysator lediglich 400 Euro an den Brennstoffzellkosten ausmachen. Eine vergleichbare Platinmenge befindet sich heute in jedem Abgaskatalysator.
Die Arbeitsgruppe um Professor Strasser arbeitet bereits seit 2005 an einer neuen Familie von nanostrukturierten Brennstoffzellkatalysatoren. Sie bestehen aus einem platinarmen Kern, umgeben von einer hauchdünnen platinreichen Schale. Das senkt erstens die benötigte Platinmenge, zweitens katalysiert die Platinschale die chemischen Prozesse um ein Vielfaches besser als reines Platin. Die Lebensdauer des Materials im laufenden Brennstoffzellenbetrieb ist allerdings noch eine Herausforderung. Strasser und sein Team suchen daher nach Möglichkeiten, die Kern-Schale-Konfiguration durch neuartige Trägermaterialien zu stabilisieren, vor allem durch stickstoffhaltige Kohlenstoffe, aber auch durch Hinzufügen von zusätzlichen Metallpartikeln in den Kern.
"Dieses internationale Verbundprojekt, in dem sich die Herstellung von neuen Nanomaterialen und die grundlegende elektrochemische Charakterisierung in Brennstoffzellen mit modernen röntgenbasierten Untersuchungsmethoden an Großforschungseinrichtungen, wie dem ,Bessy II‘ in Berlin oder dem Brookhaven National Laboratory in den USA, interdisziplinär verbinden, spiegelt die Bedeutung des aktuellen Forschungsbereichs ,Energiematerialien‘ wider", erklärt Peter Strasser. "Denn wenn wir technisch erfolgreich sind, kann dieses Projekt die breitere Kommerzialisierung der Brennstoffzellentechnologie stark beschleunigen."
Aus TU-Intern 7/2011; Patricia Pätzold.